"Kein Frieden im Paradies"

Der Islam kennt keinen Frieden

 

Biografische Erinnerungen


Über dieses Buch

 

Bernd Leicht erzählt in diesem Buch über die abenteuerliche Zeit im Jahr 1983 im Irak, es tobte ein erbitterter Glaubenskrieg zwischen dem Iran und dem Irak. Nicht nur der Krieg war schrecklich, sondern auch viele andere Vorkommnisse, die ihn bis heute noch belasten.

 

Er verlor acht Kollegen durch eine iranische Rakete, sie wurden total zerfetzt, das Einsammeln der Leichenteile war grausam. Zwei weitere Kollegen verlor er bei einem Verkehrsunfall, der durch einen unbeleuchteten Lkw verursacht wurde. Gerade im letzten Moment konnten er und seine Kollegen verhindern, dass zwei irakische Polizisten das verunglückte Fahrzeug mit dem eingeklemmten Toten anzünden wollten.

 

 Es gab auch einige schöne Erlebnisse, im Garten Eden, in den Sümpfen zwischen den beiden Flüssen Euphrat und Tigris. Es wird immer ein schönes und unvergessliches Erlebnis bleiben im biblischen Paradies gewesen zu sein.

 

 Allerdings paradiesisch ist das Leben im Irak absolut nicht.

 




Leseprobe

 

Eine schockierende Kultur

 

 Es war wieder soweit, ich musste vor meinen schlimmen Erlebnissen, die ich in der Kind- und Jugendzeit hatte, fliehen. Einfach woanders hin. Wohin sollte ich fliehen? Schließlich hatte ich eine Familie, für die ich sorgen musste. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt keinen Plan, nicht einmal eine vage Vorstellung, wie und wo meine „Flucht“ hingehen könnte.

  Genauso oft, wie in meinem bisherigen Leben, lag auch dieses Mal, glücklich und unzufrieden sein, ganz nah beieinander. Hilfe bekam ich unerwartet durch einen guten Kunden, dem ich schon jahrelang seine Telefonanlagen installierte und wartete. Der Kunde stellte Schaltschränke und Kabelverteiler-Komponenten für elektrisch gesteuerte Industrieanlagen her. Seine deutschen Kunden hatten in Amerika, Afrika und Asien Projekte, für die er ebenfalls die Schaltschränke sowie die Kabelnetze herstellte und installierte. Es sind immer interessante und anspruchsvolle Anlagen, erklärte mir mein Kunde. Davon konnte ich mich später selbst überzeugen.

  Nach längeren Verhandlungen haben wir eine Zusammenarbeit bei einer großen Baumaßnahme beschlossen. Wir sind uns auch menschlich nähergekommen, stellten viele Gemeinsamkeiten fest, haben per Handschlag die Zusammenarbeit besiegelt und uns auf ein lockeres „Du“ geeinigt.

  Dieser Auftrag war im Irak, genauer in der Nähe von Basra. Zu der Zeit war dort Krieg zwischen dem Iran und Irak. Wenn ich vorher gewusst hätte, was mich dort erwartet, wäre meine Entscheidung anders ausgefallen. Ich hätte den Auftrag nicht angenommen, allerdings waren die Konditionen hervorragend und Werner, mein Auftraggeber kam mit.

  Vorgenommen hatte ich mir in der gesamten Zeit im Irak, täglich eine Art Tagebuch zu schreiben. Geschrieben habe ich es auch, oft sind zwei beidseitig beschriebene DIN-A4 Seiten pro Tag entstanden.

  Für mich ist aus dieser Dokumentation der Erlebnisse, die Grundlage für dieses Buch entstanden.

  Nach einigen Monaten habe ich, mit Genehmigung Werners und der örtlichen Projektleitung, ohne finanzielle Nachteile, oder sonstiger Konsequenzen, die Arbeiten eingestellt. Einige Kollegen haben es mir gleichgetan. Weshalb ich und meine Kollegen die Arbeiten einstellten, erzähle ich später, im letzten Kapitel.

  Nach ein paar Wochen war es soweit, wir packten Werkzeuge, Pläne und Arbeitskleidung zusammen. Denn diese Gegenstände wurden separat transportiert.

  Unser Flugzeug war eine DC 10 von der Swissair, die wenig belegt war, somit konnten wir es uns bequem machen. Unser Flug war gebucht von Zürich nonstop bis nach Bagdad. In Jordanien, auf dem Flugplatz von Amman, haben wir, unerwartet für uns, einen Zwischenstopp eingelegt. Wir konnten sehen, dass unser Flugzeug aufgetankt wurde und einige Passagiere zustiegen. Interessant war unter anderem, dass wir beim Landeanflug die Stadt Jerusalem von oben bestaunen konnten.

  Der Flughafen von Amman war in einem fürchterlichen maroden und besorgniserregenden Zustand, die Start- und Landebahn kam uns vor, wie ein ausgefahrener Feldweg. Wir bekamen jede Unebenheit zu spüren, obwohl wir im Flugzeug auf gut gepolsterten Sitzen saßen. Sicher bin ich, dass die Flugzeuge, die hier öfter landen und starten, auch öfter repariert werden müssen.

  Hier in Ammann habe ich auch das erste Mal die unheimliche Geschwindigkeit beobachtet, die in der arabischen Arbeitswelt vorherrscht.

  Über die Bordlautsprecher wurde uns Passagieren nach einiger Zeit mitgeteilt, dass wir aufgrund von Kampfhandlungen, nicht wie vorgesehen, in Bagdad landen. Unser Flugzeug ist aufgrund dieser Sachlage entlang einer Ölpipeline, die wir sehen konnten, bis nach Kuwait geflogen.

 

Der Flughafen von Kuwait ist sehr weitläufig, die meisten männlichen Flughafenmitarbeiter trugen die für diese Region typische weiße „Dishdashah“ mit der typischen Kopfbedeckung. Einige Mitarbeiterinnen trugen einen „Tschador“, teilweise waren die Gesichter mit einem „Niqab“ verhüllt. Wir kannten diese Kleidung zwar von Fotos, jedoch nicht in natura. Werner und ich haben gestaunt und haben uns über die Kleidung der Frauen und Männer auch ein bisschen lustig gemacht. Es war alles so absolut neu, nicht annähernd wie bei uns in Deutschland.

  Wir haben, im Gegensatz zu unserem Flugzeug, den Flughafen von Kuwait als sehr unsauber empfunden. Nachdem wir später den Irak näher kennenlernten, empfanden wir den Flugplatz und seine Gebäude nicht mehr so unsauber, wie wir es bei der Ankunft empfunden hatten.

  Im Flughafen von Kuwait hat uns die Flughafen-Polizei zum Zoll und vielen anderen Institutionen zig Mal hin und her geschickt. Insgesamt dauerte diese, für uns unverständliche Prozedur, mehr als zwei Stunden. Irgendwie war es auch für uns verständlich, wir hatten kein Visum und waren somit illegale eingereiste. Einige Zeit später wurde gesagt, dass wir nicht in den Irak ausreisen dürfen. Allerdings könnten sie uns, falls wir es möchten, illegal in der Nacht über die Grenze bringen. Falls wir das nicht wollten, könnten wir auf dem Fußboden des Flughafens übernachten.

  Wir haben uns für die Übernachtung im Flughafen entschieden. Geschlafen haben Werner und ich eine gefühlte halbe Stunde auf einer Fensterbank, auf dem Fußboden war kein ausreichender Platz für uns mehr vorhanden. Dort lagen mindestens 400 Pakistani, Chinesen, Chilenen, Japaner und Beduinen und was es noch für Bevölkerungsgruppen gibt.

  Es stank bestialisch nach Körper-Gerüchen. Die meisten von denen waren Arbeitssuchende, die jedoch immer am nächsten Tag ausgewiesen werden. Das hat uns ein Flughafenmitarbeiter erzählt, er sagte, dass es jeden Tag so eine Katastrophe mit den Flüchtlingen ist.

  Am nächsten Tag mussten Werner und ich uns bei einem uniformierten Beamten melden, der uns offiziell aus Kuwait auswies. Die ganzen Prozedere der Ausweisung, lief mit einer für uns ungewöhnlichen Ruhe ab.

  Wir mussten lange vor einem anderen Büro warten, bevor wir an der Reihe waren. Dort bekamen wir, von einem sich unwahrscheinlich wichtig fühlenden Beamten, einen Stempel in unsere Reisepässe. Die wir nicht ausgehändigt bekamen. Gesagt wurde, dass ein Taxi vor dem Flughafengebäude auf uns wartet.

 

Der Taxifahrer hatte einen unangenehmen penetranten Körpergeruch. Er bekam unsere Pässe, musste ein Papier unterschreiben und sich verpflichten, uns an der Grenze zum Irak bei dem zuständigen Zöllner abzuliefern. Wir bekamen unsere Koffer und gingen zu dem Auto oder besser gesagt, was davon übriggeblieben war, denn es war einst, ein alter amerikanischer Straßenkreuzer in einem äußerst desolaten Zustand. Schon nach rund 200 Metern überquerte der Fahrer eine zweispurige Autostraße, einschließlich eines mindestens 40 Meter breiten Mittelstreifens. Das Auto schlug mehrfach auf, aber das musste wohl so sein. Die gesamte Fahrt war für uns ein Abenteuer, alle fahren wie die Irren. Wir hatten Angst. Später lernte ich, dass es der normale Fahrstil bei den Arabern ist.

  An der Grenze händigte uns der Fahrer die Pässe aus und wir mussten warten, warten und nochmals warten.

  Inzwischen haben wir unsere Koffer in einen alten Bus gebracht, der nur in der vorderen Hälfte Sitzbänke hatte, die andere Hälfte war dem Gepäck vorbehalten.

 Als der Bus halbwegs voll war, sind wir durch Niemandsland zur irakischen Grenze gefahren. An dieser Grenze haben wir nochmals rund eine Stunde auf das Kontrollieren unserer Koffer gewartet.

  Das geschah in einem Raum, der so schmutzig war, wie bei uns eine Müllkippe. Wie gesagt, die Beamten haben jede Menge Zeit hier. Wir hatten den Eindruck, dass keiner hier wirklich arbeiten will.

  Sobald die Grenzbeamten zurück zu ihrem Büro gingen, stiegen acht Männer, mit vier Ziegen in unseren Bus. Für den Busfahrer und die anderen Passagiere war das mehr als normal. Für uns nicht, die Ziegen haben den Gestank im Bus noch verstärkt.

  Im Grenzgelände waren zwar Männer mit Besen und Kehrschaufel bewaffnet, sie haben darauf gewartet, bis in unmittelbarer Nähe ihres Standortes, Plastikmüll und sonstiger Unrat hin wehte, diesen haben sie eingesammelt und auf einem offenen Müllhaufen abgelegt. Solch ein offener Müllhaufen ist natürlich empfindlich gegen Wind, denn der verteilt den Müll wieder im gesamten Gelände. Ja gut, dann wird er eben nochmals aufgesammelt.

  Nachdem die Koffer kontrolliert waren, mussten wir zur Passstelle, um noch einen Stempel zu bekommen. Da die Passstelle rund 400 Meter entfernt war, hatten wir für unsere Koffer einen Gepäckträger angeheuert, der hat von uns nachher 25 Dollar verlangt. Auf diesen letzten Stempel haben wir noch mal zwei Stunden gewartet.

  So nun waren wir im Irak. Da es keine öffentlichen Verkehrsmittel gab, mussten wir ein Taxi nehmen. Den Preis haben wir vorher ausgehandelt, denn das Taxi hatte keinen Taxameter eingebaut.

  Während der Fahrt öffnete sich die Motorhaube und kam hoch bis vor die Frontscheibe. Der Fahrer fuhr einen Augenblick langsamer und die Haube legte sich wieder in ihre normale Position.

  Bremsen konnte der Fahrer zwar, aber nur durch mehrfachen kräftigen Druck auf das Bremspedal. Wir konnten deutlich hören, wie die nur noch aus Metall bestehenden Bremsklötze auf den Bremsscheiben bereits hörbar kratzten. Es ist eine Frage der Zeit, bis die abgefahrenen Bremsbacken sich nicht mehr von den Bremsscheiben lösen und das Rad blockieren. Ergebnis wäre, dass das Auto nicht mehr lenkbar ist und irgendwo in der Wüste landet.

  Aber was soll es, kaputt ist kaputt? Es geht auch so, Allah wird mich schon beschützen.

  Vor jedem Überholvorgang hupte er, wenn er die Fahrspuren ohne Blinker und ohne in den Rückspiegel zu schauen, wechselte. Somit ist die Hupe ein wichtiges Fahrzeugteil und unverzichtbar.